Sind Sie ein Schweizer Messer – oder wie sieht das mit Ihren Ressourcen aus?

Wer gestalten und selbstwirksam agieren will, sollte nach meiner Ansicht seine eigene Führungsrolle und deren Handlungsoptionen immer wieder mal auf den Prüfstand stellen. Machen Sie sich doch mal Ihre Hauptaufgaben in der Führung bewusst und vergleichen Sie diese mit den Werkzeugen eines Schweizer Messers.

Führungsaufgaben unter der Lupe

Zu den Führungsaufgaben zählen organisieren und strukturieren, informieren und kommunizieren, delegieren und kontrollieren, Mitarbeiter fördern und entwickeln, Ziele setzen und vereinbaren – und natürlich auch entscheiden. Und bei allem muss ich natürlich darauf achten, dass meine Interpretation dieser Aufgaben die Mitarbeiter nicht demotiviert. Kaum eine reflektierte Führungskraft würde für sich in Anspruch nehmen, all diese Aufgaben gleich gut zu können. Klappen Sie doch mal Ihr Werkzeugmesser auf und überlegen Sie:

  • Welche Instrumente nutze ich sehr intensiv, was hat möglicherweise sogar schon etwas Rost angesetzt?
  • Welche Aufgaben gehen mir leicht von der Hand?
  • Und widme ich mich solchen Aufgaben deshalb vielleicht intensiver, obwohl sie nicht die gleiche Relevanz haben?
  • Bei welchen Aufgaben muss ich mich etwas mehr anstrengen oder mich besser vorbereiten, um den gleichen Wirkungsgrad zu erzielen?

Auch wenn Sie über ein Schweizer Messer verfügen, müssen Sie nicht jedes Werkzeug selbst einsetzen. In guten Teams gibt es meist jemanden, der das eine oder andere Instrument mindestens genauso gut wie Sie handhaben kann. Der vielleicht sogar über zusätzliche Ressourcen verfügt, die nicht wirklich Teil Ihres Repertoires sind. So macht z. B. auch ein guter Chefarzt nicht alles selbst, sondern verlässt sich bei gewissen Spezialeingriffen auf einen seiner Oberärzte.

Das Allzweckwerkzeug neu konfigurieren

Weiter geht es in der Bilanz Ihres Schweizer Allzweckwerkzeugs. Was können Sie z. B. tun, um das ein oder andere Führungsinstrument zu schärfen, es vom Rost zu befreien? Und welche Werkzeuge wären aktuell hilfreich, die noch gar nicht Bestandteil Ihrer Ausführung sind? Welche würden Sie wählen, wenn Sie Ihr persönliches Messer neu „konfigurieren“ könnten? Jetzt, wo ich es schreibe, bin ich gar nicht sicher, ob es diese Möglichkeit bereits gibt.

Denken Sie zum Beispiel an Mitarbeiterführung. Welche Instrumente haben Sie in der Vergangenheit genutzt, um Mitarbeiter einzubeziehen, deren Kreativität aufzunehmen, sie an Ideen und noch wagen Vorstellungen teilhaben zu lassen? Gerade aktuell, wo der Planungshorizont stark verkürzt erscheint, kann es Sinn machen, Betroffene noch mehr als bisher zu Beteiligen zu machen und sie zu einem kreativen Ideenfindungsprozess einzuladen. Das wäre ein symbolstarker Ansatz, der den MitarbeiterInnen zudem hohe Wertschätzung vermittelt.

Mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen: Welche Instrumente haben Sie auch adaptiert, um den aktuellen Gegebenheiten Rechnung zu tragen? Ein Jahres-, ein Krankenrückkehr-, ein Feedbackgespräch sind im Kern noch dasselbe – und dennoch werden Sie den veränderten Rahmenbedingungen nicht gerecht, wenn Sie zu stark auf alte Muster zurückgreifen. Nutzen Sie die aktuelle Zeit, um Ihre eigene Wandlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Umso offener sind möglichweise auch Ihre MitarbeiterInnen, neue Wege zu gehen.

Jede Situation braucht eine eigene Führungsrolle

Überlegen Sie, in welcher Phase sich im Moment Ihr Unternehmen, Ihr Bereich oder Ihre Abteilung befindet. Welche Führungsrolle ist erforderlich und welche Aufgaben zahlen am stärksten darauf ein? Wenn Sie in einer Phase des Aufschwungs sind, passen Emotionalität und Begeisterungsfähigkeit sehr gut. In einer Konsolidierungsphase ist wiederum ein anderer Typus, eine andere Führungsfigur erforderlich. Zumindest sollten Sie Ihre Hauptaufgaben anders priorisieren, um einem veränderten Umfeld und neuen Rahmenbedingungen auch gerecht zu werden.

Feedback ist hilfreich: Stellen Sie sich dem Blick von außen

Als Führungskraft benötige ich einen guten Umgang mit Widersprüchen und Rollendilemmata. Beispielsweise:

  • Welches Maß an emotionaler Nähe und professioneller Distanz ist das richtige?
  • Wie sollten so gegensätzliche Pole wie eine einheitliche und verbindliche Struktur auf der einen Seite und Freiheit und individuellen Gestaltungsmöglichkeiten auf der anderen Seite austariert sein?
  • Wie sieht ein Minimum an Gleichbehandlung Aller aus, das den aktuellen Notwendigkeiten Rechnung trägt?
  • Wie stark gehe ich auf den einzelnen Mitarbeiter und seinen ganz persönlichen Vorstellungen ein?
  • Wie priorisiere ich die Rücksichtnahme auf aktuelle familiäre Herausforderungen und persönliche Befindlichkeiten, ab welchen Punkt gilt der Fokus der Zielerreichung?
  • Und mit Blick auf die eigene Person: Wie kann ich meine Energie so einsetzen, dass wir quick wins realisieren, um die Beharrungs- und Bewahrungskräfte aufzuweichen?

Schon beim Frisieren am Morgen stellen wir fest, wie hilfreich ein Spiegel sein kann. Gönnen Sie sich einen Sparringspartner! Er oder sie kann mit Blick auf die zahlreichen Fragen ähnlich gute Dienste leisten.