Alle in einem Boot – oder Rudern im Silo?

Gerade im Kontext Change und Team- oder Organisationsentwicklung gibt es kaum eine beliebtere Metapher als die vom gemeinsamen Boot. Von der Notwendigkeit, möglichst alle im Boot zu haben. Das Bild wird auch gerne mit Appellen verknüpft, um für die Akzeptanz von Maßnahmen zu werben: „Wir sitzen doch alle im selben Boot.“

Zwei Perspektiven: Verantwortung für und bezogen auf

Als Führungskraft bin ich zuständig für meine Funktion. Das mag ein Team, eine Abteilung, ein Bereich, ein Standort oder eine Niederlassung sein, wie immer mein Verantwortungsraum auch definiert ist. Allerdings hat Verantwortung auch einen weiteren Aspekt, den bezogen auf. Jede Führungskraft ist ebenso verantwortlich für ein bereichsübergreifendes Zusammenwirken mit „Kunden“ und „Lieferanten“ in den Wertschöpfungs- und Führungsprozessen.

Verantwortung bedeutet letztlich auch die Verantwortung für das, was wir lassen – und nicht nur für das, was wir tun. Nicht jedem scheint bewusst zu sein, dass der Ast, an dem er sägt, auch der ist, auf dem er selbst sitzt. Das zeigt sich oft, wenn der Blick zu eng wird – nur auf das „für“ und weg vom „bezogen auf“.

Verbreitetes Beispiel: Wir legen den Fokus zu stark auf einzelne Kennzahlen, z.B. in Form von Umsatzgrößen, Produktivität etc. Das stellt zwar Vergleichbarkeit mittels eines schnellen Blicks her und dient der Kontrolle, dem Benchmarken und der Steuerung. Allerdings fördert es auch die Silomentalität, die oft unbeabsichtigt durch Rankings und Vergleichslisten befeuert wird. Wenn nur genügend andere in diesen Rankings hinter mir liegen, scheint mein Stern doch hell genug!

Ist diese Mentalität erst einmal etabliert, gerät der Blick auf das große Ganze außer Acht und das Boot gerät ins Schlingern. Statt gemeinsamer Anstrengung, es auf Kurs zu halten und voranzukommen, kümmerte ich mich nur um mein eigenes Ruder. Welchen Ehrgeiz sollte ich entwickeln, Kollegen, andere Teams etc. zu unterstützen, wenn ich bei genauer Betrachtung doch von deren durchwachsener Performance profitiere? Kollateralschäden, die dadurch entstehen, bemerken wir oft erst viel später. Ein Grund, weshalb viele Unternehmen sich von Individualboni verabschieden.

Methoden zur Kreativitätsförderung und zum Austausch nutzen

Es lohnt sich, Energie in die Frage zu investieren, welche (Führungs-)Instrumente, Prozesse und/oder Strukturen das Kooperative begünstigen, evtl. sogar erfordern. Was forciert den Austausch von Wissen und steuert dem Horten von Herrschaftswissen auf eine konstruktive Art entgegen? Seien Sie offen für neue Herangehensweisen. Beispielsweise ist LEGO©SERIOUS PLAY© eine bewährte Methode, mit deren Hilfe das auf eine sehr spielerisch-kreative Weise ermöglicht wird.

Noch ein wichtiger Gedanke: Nicht alles, was ich messen kann, zählt – und nicht alles, was zählt, kann ich messen. Überlegen Sie, welche Beachtung und Wertschätzung gewünschte Verhaltensweisen im Team finden, beispielsweise Kooperation und Teamfähigkeit. Wie können Sie dafür sorgen, dass sich solche Verhaltensweisen spürbar mit Ziel- und Ergebnisorientierung verbinden?

Schließlich: Gehen Sie mit gutem Beispiel voran! Wie viele zentrale Werte in einer Organisation, leben auch diese vom Vorleben. Sorgen Sie dafür, dass sich diese Einstellung auch Ihrem Team vermittelt. Sprechen Sie es aus, wenn MitarbeiterInnen ihre Sache gut machen. Feiern Sie es, wenn Sie „Leuchtturmaktivitäten“ im Team wahrnehmen. Reflektieren Sie Ihr eigenes Verhalten und demonstrieren Sie, dass Sie das ganze Boot im Blick haben und nicht nur Ihr Ruder. Umso schneller werden Sie überzeugte Nachahmer finden.