Weshalb es uns so schwer fällt, loszulassen
Einfach loszulassen wäre naheliegend, und dennoch halten wir schier verbissen an unserer Situation fest. Auch, wenn sie sich gegen unsere ureigensten Interessen entwickelt, uns zumindest nicht mehr guttut, uns nicht mehr weiterbringt. Was wir, im Lichte betrachtet, sehr wohl auch sehen.
Weshalb tun wir uns das an? Weshalb fällt es uns manchmal dermaßen schwer, einfach loszulassen? Gibt es dafür ein Rezept? Oder müssen wir dieses Klammeraffen-Verhalten ohnmächtig erdulden?
Angeboren und antrainiert
Vieles mag mit unserer Persönlichkeit zusammenhängen. Jedoch auch damit, welche Erfahrungen wir mit dem besagten Loslassen bereits sammeln konnten. Durch unsere Erziehung und Sozialisation werden diese Anlagen wiederum verstärkt oder durchaus auch abgeschwächt.
Die Tatsache, dass das Loslassen auch ein Schritt ins Ungewisse ist, trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei. Je nach Entscheidung hängt mitunter unsere gesamte Lebensplanung davon ab. Nachvollziehbar, dass die Furcht vor der Veränderung sehr stark ist. Beim Bewährten „weiß ich immerhin, was ich habe“.
Wie greifbar ist die Alternative bereits?
Deutlich leichter fällt das Beenden, wenn ich mir einen klaren Plan B zurechtgelegt habe. Wenn ich das Neue bereits mit konkreten, positiven Perspektiven verknüpfe, die ich fast schon bildlich vor mir sehen kann. Zum Greifen nahe! Nur noch diesen einen Schritt …! Bei solch einem Neuanfang kann ich Aufbruchstimmung spüren, eine Stimmung, die mich leichter ins kalte Wasser springen lässt.
Ob in Partnerschaften oder bei Jobangeboten, der Wechsel fällt uns leichter, je attraktiver die Alternative erscheint. Ein klassisches Beispiel: Die Person, die sich erst dann von ihrem aktuellen Partner trennt, wenn ein neuer schon in Aussicht ist. Erst die neue Liebe ermöglicht es, sich aus der aktuellen Beziehung zu lösen – auch wenn diese schon lange nicht mehr intakt war.
Der Kontext entscheidet
Das Loslassen ist jedoch nicht nur von potenziellen Optionen abhängig, sondern auch von der Wertigkeit, die ich einer Situation beimesse. Grundsätzlich habe ich vielleicht überhaupt kein Problem damit, mit etwas abzuschließen – in einem ganz spezifischen Fall, bei einem Herzensthema, jedoch sehr. Unsere ganz persönliche Einstellung zu einer Angelegenheit definiert demzufolge unsere Nähe zum Festhalten oder Loslassen.
Fällt es mir in einem Lebensbereich schwer, loszulassen, muss das nicht bedeuten, dass es mir immer so geht. In manchen Bereichen mag das Ziehen der Reißleine ganz schön schnell gelingen. Nicht loslassen können kann ein Charakterzug sein. Häufiger ist es aber so, dass sich solche Verhaltensweisen je nach Lebensbereich und Situation durchaus unterscheiden.
Kann man Loslassen üben?
Wie gehe ich damit um, wenn ich mich zu sehr an Personen, Dinge, Verhaltensweisen, Glaubenssätze klammere, die mir überhaupt nicht guttun? Wie kann ich Veränderungen in Angriff nehmen ohne jegliche Sicherheit, ob der nächste Schritt oder der Tausch wirklich besser wird? Wie funktioniert denn „Loslassen für Dummies“?
Helfen kann ein Perspektivwechsel. Betrachten Sie den Sachverhalt einmal ganz bewusst von einem anderen Standpunkt aus. Es ist typisch für solche Situationen, in denen das Loslassen schwerfällt, dass man sich in seiner recht eindimensionalen Betrachtungsweise gefangen wähnt. Machen Sie einen ersten Schritt in Richtung differenzierter Blick.
Das ist sicherlich leichter gesagt als getan. Tatsächlich braucht es etwas Übung und Geduld in dieser Disziplin. Eine erfahrene Anleitung ist dabei hilfreich. Im Coaching stelle ich immer wieder fest, wie gut die Unterstützung von außen den Betroffenen aus seiner Endlos-Schleife herausführen kann. Ein erster Schritt, um neue Perspektiven aufzubauen und vom Verharren ins Tun zu kommen.