„Manche sind erst richtig gut im Abgang.“

Dieser Satz war ein Kommentar zu meinem Beitrag in der vergangenen Woche über Weinproben und Mitarbeiterführung. Erst brachte er mich zum Schmunzeln. Ein launiger und ironischer Spruch, rhetorisch geschickt und doppeldeutig, passend zu den Weinen wie zu den Mitarbeitern. Toll den Ball aufgenommen und weitergespielt, dachte ich. Doch anschließend brachte er mich auch zum Nachdenken.

Denn mir fiel ein Kollege ein, der vor vielen Jahren im gleichen Unternehmen wie ich als Trainer angefangen hatte. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation wurde sein befristetes Arbeitsverhältnis nicht verlängert. Ich fand das sehr schade, da ich ihn als einen höchst sympathischen, kompetenten und hilfsbereiten Kollegen kennenglernt hatte.

Keine Trennung ohne Emotionen

Die Zeit zwischen einer ausgesprochenen Kündigung und dem endgültigen Räumen des Arbeitsplatzes kann bitter sein. Viele Emotionen drängen nach vorne: Verärgerung, Frust, Scham, Zukunftsangst. Das Gefühl, unfair behandelt worden zu sein. Als Betroffener ist es kaum möglich, die Trennungsgründe des Unternehmens rational zu betrachten und die eigenen Gefühle davon abzukoppeln.

Doch oft muss man weiter am Arbeitsplatz funktionieren, wenn das Unternehmen einen nicht freistellt. Da ist es verlockend, seinem Ärger Luft zu machen – ich habe ja nichts mehr zu verlieren! Oder sich zurückzuziehen und nur das Nötigste zu tun, mit hängendem Kopf – ihr braucht mich ja sowieso nicht mehr. Allzu menschlich. Und grundverkehrt.

Dieser Kollege hat es anders gemacht. Bis zum letzten Tag hat er sich äußerst konstruktiv eingebracht. Hat überall Nutzen gestiftet, wo es nur möglich war, hat die KollegInnen nach Kräften unterstützt. Und das hat sich schließlich ausgezahlt. Denn nur ein Jahr später, als sich die wirtschaftliche Situation wieder komplett gedreht hatte, konnte er zurück ins Team und wurde mit offenen Armen empfangen.

Auf den Abgang kommt es an

Diese Brücke zurück in seinen Job hat sich der Kollege selbst gebaut. Oder vielmehr, er hat sie nicht im Affekt abgerissen, wie das so viele tun würden. Als ich mit einer Bekannten darüber sprach, konnte sie dem nur zustimmen, aus eigener Erfahrung. Hier ihre drei wichtigsten Tipps für den guten Abgang:

  1. Kein bitteres Wort. Weder der Führungskraft gegenüber, die die Entscheidung ja vertreten muss, noch den KollegInnen gegenüber. Die können meist nichts für die Situation, es ist ihnen auch unangenehm. Je normaler der Umgang miteinander, je stärker auf die Arbeit und den Erfolg des Teams fokussiert, desto leichter haben es alle Seiten. Und Sie werden in Erinnerung behalten als jemand, mit dem man auch in schwierigen Zeiten „gut kann“.
  2. Planen Sie für die Zukunft, freuen Sie sich auf das Neue und lassen Sie Ihre Vertrauten daran auch teilhaben. Wenn KollegInnen Ihnen nahestehen, werden sie sich Sorgen um Sie machen. Doch das belastet das Verhältnis. Verbindungen hält man viel eher, wenn andere sich mit Ihnen freuen.
  3. Halten Sie das Heft des Handelns in der Hand. Die Situation zwingt Sie zur Neuorientierung, aber über das Wie entscheiden Sie immer noch selbst. Nehmen Sie auf keinen Fall die Opferrolle an. Bleiben Sie selbstbestimmt, wo immer es geht. Vielleicht ist es sogar passend, mit dem Team noch einen Ausstand zu feiern.

Beim letzten Tipp, dem Ausstand, musste meine Bekannte schmunzeln. Sie selbst hat es auch so gehalten, auch wenn das ein emotionaler Kraftakt war. Aber ihr war wichtig, sich am Ende des gemeinsamen Weges großzügig zu zeigen, auf die Zukunft anstoßen und zu signalisieren, dass alles gut ist, wie es ist. Und auch sie wurde belohnt: Ihr letzter Arbeitgeber war beim Schritt in die Selbstständigkeit auch gleich ihr erster Kunde – und blieb es für viele Jahre.